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Die Orgel der Epiphanienkirche Berlin-Charlottenburg

Konzepte der Schulze-Kühn-Orgeln

Herbert Schulze hat eine Orgel immer als einen Organismus gesehen und nicht als „eine Kombination historischer Möglichkeiten.“ Die Aufeinanderbezogenheit der einzelnen Teile des Klangkörpers verfolgte er auf allen Ebenen der Instrumentenstruktur, besonders zwischen den Werken, zwischen den Registern und zwischen den Tonhöhenbereichen. Seine „Kurven der Bemerkbarkeit“ sind die Grundlage für lebendige, sich musikalisch quasi mehrdimensional ergänzende Registerverläufe, die das polyphone Spiel selbst nur auf einem Manual unglaublich transparent erscheinen lassen. Hinzu kommt die für Schulze-Kühn-Orgeln bekannte Berücksichtigung hoher, insbesondere unharmonischer Teiltöne, wie sie bekanntlich in Klangerzeugern wie Holzstäben, Glocken und Triangeln auftreten. Schulze „hat sofort erkannt, dass in der Orgel die Möglichkeit ist, auf dem Klanggebiet Neues und – wie er es empfand – dem Geist der Neuen Musik Entsprechendes zu verwirklichen.“ Mit schwierigen Anforderungen an die Technik zur Umsetzung seiner Konzepte hat er „seine Orgel als eine Herausforderung des üblichen Orgelbaus gesehen.“ (nach (1))

 

Aus einem von Gottfried Matthaei erbetenen Gutachten der TU Berlin, Lehrstuhl/Institut für technische Akustik v. Prof. Dr. ing. L. Cremer zur Frage des Einflusses der Sachverständigen beim Orgelentwurf und -Bau v. 30.1.1970: „Dieser Einfluss wird sich in zwei verschiedenen Ebenen auswirken. 1. Im künstlerischen Konzept der Orgel und 2. in der technischen Realisierung dieses Konzepts. … Bezüglich letzterer kann gesagt werden, dass bisher nur durch die Herstellung von Probepfeifen der gewünschte Klang erreicht werden konnte. Diese Technik … stellt zur Zeit die einzige Möglichkeit dar, Unstetigkeiten in der Klangfarbe z.B. des Plenumklanges zu vermeiden (man vergleiche die von Lottermoser gemessenen unstetigen Klangfarbenverläufe bei modernen Orgeln im Gegensatz mit der Ausgeglichenheit barocker Meisterinstrumente!).

Die von Ihnen genannten Orgelsachverständigen H. Schulze und K. Th. Kühn sind mir als erfahrene Experten bekannt; sie verwenden die genannte Probenpfeifentechnik, welche durch Herrn Dr. Ising ergänzt werden könnte. Durch seine Arbeiten ist die Intonierung erleichtert und die Berechnung der Lautstärke ermöglicht worden.

Ein Instrument, was unter Mitwirkung der genannten Sachverständigen mit größter Sorgfalt erarbeitet wird, halte ich für wertvoller als ein Instrument, das ohne Sachverständige mit vielleicht mehr Registern aber auch mit mehr zufällig bedingten Unausgeglichenheiten erstellt werden würde.“ (Zitat verkürzt)

 

Als weitere Besonderheiten der Epiphanien-Orgel – letztes und größtes Instrument des „Orgelarchitekten“ Schulze – besitzen alle vier Werke Jalousieklappen, welche in der großzügigen Setzeranlage in 10 Stellungen speicherbar sind. Es gibt besondere Register wie z.B. die Kubische Pfeife, die sehr grundtönig und leise, aber mit starker Tragfähigkeit klingt. Mit leisen, eng mensurierten Aliquoten erreichte Dr. Ising eine besondere Verschmelzung der Obertöne.

 

Die Orgelbau-Firmen

Erster Bauabschnitt: Firma Weigle Echterdingen. Fertigstellung mit 15 Registern in 17 Zügen am 14. September 1975 (Orgelweihe)

Die erste Baustufe ließ schon erahnen, mit welchem Klangergebnis bei Umsetzung des Gesamtkonzeptes zu rechnen war.

 

Zweiter Bauabschnitt: Der Firma Mitteldeutscher Orgelbau A. Voigt Bad Liebenwerda gelang es überzeugend, ein torsohaftes Fremdinstrument entlang bestehender Pläne zu vollenden und dabei trotzdem eine eigene Handschrift erkennbar werden zu lassen. Erich Piasetzki nannte das Ergebnis die „Zur Vollendung gebrachte Vision von Schulze/Kühn“. (nach (4))

1995 fertiggestellt mit 45 klingenden Stimmen in 55 Zügen.

Die Disposition ist in (1) dargestellt.

 

Die Resonanz des Instrumentes bei Organisten und in der Öffentlichkeit

- Prof. Heinz Wunderlich: „… Dieses Instrument wird für die zukünftige Entwicklung des Orgelbaues von Bedeutung sein …” (in seinem Gutachten zu der Orgel)

- Prof. Frank Michael Beyer über Schulze-Kühn-Orgeln: „… Ich will es einmal extrem ausdrücken: Neben dem Schulze’schen Orgelklang halte ich einen anderen Orgelklang nur schwer aus; …” (1)

- Bischof Dr. Wolfgang Huber: „… ein in der Berliner Orgellandschaft außergewöhnliches Instrument …” (1)

Zahlreiche Organisten haben sich sehr positiv über die flexiblen Tongestaltungsmöglichkeiten der Orgel geäußert.

 

Literaturhinweise und Informationsmöglichkeiten

(1) Festschrift „Die Epiphanien-Orgel”, 36 Seiten, 1995, Hrsg. GKR der Epiphaniengemeinde

(2) „Ich lasse mir meinen Traum nicht nehmen”, Pape Verlag Berlin, 1995, erhältlich vom KirchenMusikzentrum Epiphanien e.V.

(3) Herbert Schulze, Karl Theodor Kühn: „Orgelprojekte 1942-1978”, Karl H. Henssel Verlag Berlin 1979

(4) Aus einem Gutachten von Erich Piasetzki, Orgelfachberater der EKiBB Ost

Horst P. Wilke, 1. Vorsitzender KirchenMusikzentrum Epiphanien e.V.